Alte Kirche

Tausend Jahre wie ein Tag

2. Petrusbrief 3,8

Die wirklichen Zentren der Welt- und Heilsgeschichte sind nicht die betriebsamen Hauptstädte von Politik und Wirtschaft, von Geld und irdischer Macht. Die wahren Mittelpunkte der Geschichte sind die stillen Gebetsorte der Menschen. Hier vollzieht sich in besonders dichter Weise die Begegnung der irdischen Welt mit der überirdischen Welt, der pilgernden Kirche auf Erden mit der ewigen und siegreichen Kirche des Himmels. Hier geschieht Größeres und für Leben und Sterben Entscheidenderes als in den großen Hauptstädten, wo man meint, am Puls der Zeit zu sitzen und am Rad der Weltgeschichte zu drehen.

Johannes Paul II am 2. Mai 1987 bei seinem Besuch in Kevelaer

Herzlich willkommen zu meinem kleinen virtuellen Rundgang durch die Alte Kirche in Kellen!

Eine Kirche betritt man nicht einfach so...

Eine Kirche betreten, heißt:


- die Stille genießen
- Erzählungen hören
- schauen, was alles dargestellt ist
- eine Verbindung zur Vergangenheit knüpfen
- nach Gott und Menschen suchen
- Frieden finden...

Wir betreten die Alte Kirche von Westen her durch die einzige Außentür und stehen direkt im Turm.



Anhand der Nummerierung im Grundriß (dieser läßt sich wie auch die weiteren Fotos durch Anklicken vergrößern) sind die Orte gekennzeichnet, an denen sich die nachfolgend beschriebenen Kunstwerke befinden.

1. Eingangstür


Der Kupferbeschlag dieser Tür wurde 1955 vom Emmericher Künstler Waldemar Kuhn geschaffen. In Kupfer getrieben werden Szenen aus der Schöpfungsgeschichte, der Sündenfall von Adam und Eva sowie die Erlösung der Welt gezeigt. Das hölzerne Unterteil der Tür schuf der Kellener Bildhauer und Künstler Josef Kopetzky.

2. Grabstein des Laien Grimold


Der Stein trägt die lateinische Inschrift: III:NON:IVNII OBIIT GRIMOLD LAICUS was übersetzt heißt: am 3. Juni starb der Laie Grimold

Ein Sterbejahr ist leider nicht angegeben. Dieser sog. Memorienstein wird aber durch Vergleiche mit anderen Memoriensteinen von Historikern auf die Mitte des 10. Jahrhunderts datiert.

Aus dem Text des Steins geht hervor, dass Grimold dem Laienstand angehörte, er also keine kirchlichen Weihen hatte. Es wird vermutet, dass Grimold der Vogt des Kellenshof war und somit die klösterlichen Besitzungen rund um die Alte Kirche im Auftrag des Klosters Echternach verwaltete.

Der Stein selbst gibt heute einen ersten Hinweis darauf, dass ab ca. 950 n.Chr. an dieser Stelle bereits ein Gotteshaus gestanden hat und am bzw. im Gotteshaus Beerdigungen stattfanden.

3. Grabstein von Pfarrer Christian Krebs


Direkt unter dem Grabstein des Laien Grimold ist der Grabstein von Pfarrer Christian Krebs aufgestellt. Er trägt folgende Inschrift:


Betet für die Seele

des hier ruhenden hochw. Herrn

Christian Krebs

geb. 1. März 1793 zu Ypswich

zum Priester geweiht 29. Juni 1816

bis 1818 Caplan in Hassum

dann Pfarrer in Wemb, endlich

seit 1838 Pfarrer in Kellen

starb er hier am 14. Mai 1861

4. Marienbild


Das hier gezeigte Marienbild ist dem Gnadenbild von Kevelaer nachempfunden. Es zeigt die Muttergottes mit dem Jesuskind auf dem Arm vor der Stadt Luxemburg.

Vor dem Bild können Kerzen entzündet werden.

5. Kreuz


Das Holzkreuz mit Korpus ist ca. 1,40 x 1 m groß.


Es wurde vom Künstler Schicks im Jahre 1946 auf der Burg Gemen angefertigt und durch Vermittlung vom Kellerner Künstler Josef Kopetzky durch Pfr. Joseph Bullmann 1946 für die Alte Kirche angeschafft.

+ A PRIMA FVNDACIONE

NVSSIE CIVES OPPIDI ILLIVS

HOC IVS IN SMITHVSEN

OPTINVERVNT QUOD

DECENDENDO SOLVM

NVMMVM ASCENDENDO

NICHIL IN THELONIO

PERSOLVANT +

6. Neusser Zollprivileg


Das Neusser Zollprivileg, eine Steintafel, die vermutlich zwischen 1100 und 1170 entstanden ist, sicherte den Bewohnern der Stadt Neuss zu, dass sie an der Zollstelle Schmithausen bei Talfahrt auf dem Rhein nur einen Pfennig und bei Bergfahrt keinen Zoll zu entrichten hatten.

Die Zollstelle Schmithausen befand sich an der Stelle, wo heute noch unter gleichem Namen das Rokokoschlösschen mit der Geschäftsstelle der Euregio-Rhein-Waal steht. Hier befand sich im 12. Jahrhundert ein bedeutender Marktplatz. Mit der Verlegung des Rheins in der Mitte des 13. Jahrhunderts durch Kanalgrabungen der Emmericher Bevölkerung wurde die Zollstelle nach Emmerich verlegt und der Marktplatz Schmithausen versank in der Bedeutungslosigkeit.

7. Fenster


Dieses Fenster befindet sich über der Eingangstür. Aufgrund der gleichen Anfertigungsmethoden wie die des mittleren Chorfensters ist davon auszugehen, dass es vermutlich auch ca. 1948 entstanden ist. Der Künstler ist leider unbekannt.

Vorbei an einem schmiedeeisernen Gitter gelangen wir vom Turm aus ins Kirchenschiff mit Blick auf den Chorraum. Wir setzen hier den Rundgang im Uhrzeigersinn fort.

8. Hl. Willibrord


Diese Figur unseres Pfarrei- und Kirchenpatrons Willibrord stammt aus dem 18. Jahrhundert und somit aus der barocken Ausstattung der Alten Kirche. Früher war diese Figur an der Südwand links neben der Kanzel zu sehen, wie auf diesem Bild zu erkennen ist.

Auf dem Buch, das Willibrord relativ ungewöhnlich in der linken Hand hält, soll früher ein Modell der Alten Kirche gestanden haben.

9. Armreliquiar


Dieses Reliquiar wurde 1959 von Waldemar Kuhn aus Silber und Kupfer angefertigt. Es enthält hinter einem Schauglas ein Stück Armknochen des Hl. Willibrord aus dessen Grab in Echternach.

10. Kreuz


Dieses Kreuz ist ein Gemeinschaftswerk der Künstler Wilhelm Schlüter und Waldemar Kuhn aus dem Jahr 1956. Wilhelm Schlüter schnitzte den Holzkorpus und Waldemar Kuhn verkleidete diesen dann mit Silberblech.

11. Evangelisten


Etwas oberhalb in den Nischen links und rechts vom Altar stehen jeweils zwei Figuren der Evangelisten. Diese vier Figuren wurden ca. 1880 angefertigt und stammen aus einem Aufsatz des ehemaligen neugotischen Altares der Alten Kirche.

12. Tabernakel


Die Tabernakeltür aus Bronze wurde von Wilhelm Schlüter entworfen und 1949 von der Fa. Petit und Gebr. Edelbrock aus Gescher angefertigt. Neben dem zentral dargestellten Lamm Gottes, einigen Engelsfiguren sowie den Attributen der vier Evangelisten findet sich unten rechts eine Darstellung des Hl. Willibrord, der vor einem kleinen Modell der Alten Kirche steht. Rechts neben Willibrord ist die Hl. Irmina dargestellt, die Mitgründerin des Klosters Echternach war. Die beiden Figuren links unten sind nicht näher bekannt.


Der über dem Tabernakel eingemeißelte Spruch


ADORO TE DEVOTE LATENS DEITAS

(In Demut bet' ich Dich, verborgene Gottheit, an.)


war früher oberhalb des Triumphbogens zu sehen, wie auf diesem Bild noch zu erkennen ist. Die Gravur oberhalb des Tabernakels ist eine der letzten Arbeiten des Kellener Steinmetzes Gisbert Corbeck.

13. Ewiges Licht


Das ewige Licht direkt neben dem Tabernakel wurde in der Osternacht an der Osterkerze entzündet und brennt das ganze Jahr über als ein sichtbares Zeichen für die leibhaftige Gegenwart unseres Herrn Jesus Christus an diesem Ort.

Es wurde 1956 nach einem Entwurf von Wilhelm Schlüter in der Kunstschmiede Wilking in Bocholt angefertigt.

14. Kunstwerk ohne Namen


Dieses Schnitzwerk aus Eiche ist ein Werk des aus Kellen stammenden Peter (Pierre) Theunissen. Es wurde 1986 teils von einigen Kellenern gestiftet und teils vom Künstler geschenkt.

Peter Theunissen hat weder den Namen noch die Bedeutung seines Werks verraten. Es steht also jedem Betrachter eine persönliche Deutung offen.

15. Fenster im Chorraum


Das wohl allen Kellenern bekannte bunte Fenster mit der Darstellung von Kreuzigung, Auferstehung und Himmelfahrt Jesu ist ein Werk des Künstlers Wilhelm Schlüter aus dem Jahr 1948. Speziell die Darstellung der Auferstehung ist oftmals von Kellenern als Bild für den Totenzettel genutzt worden.

Die weiteren drei Fenster entstanden 1985 im Zuge der letzten großen Renovierung und wurden gestaltet von Paul Weigmann. Im Ranken- und Blätterwerk sind verschiedene Heilige dargestellt. Das Fenster mit der Darstellung des Hl. Franziskus und des Hl. Norbert wurde seinerzeit gestiftet von der Karnevalsgesellschaft Brejpott-Quaker e.V. Kellen, die hierfür am Karnevalssonntag 1982 eine Sammlung in ganz Kellen durchgeführt hat. Das Fenster mit der Darstellung der Hl. Adelheit und der Hl. Elisabeth ist eine Stiftung des Rotary-Clubs Kleve. Als Erinnerung an diese beiden Stiftungen ist in den jeweiligen Fenstern ein kleiner Frosch als Wappentier der Brejpott-Quaker sowie das Clublogo der Rotarier eingelassen.

16. Schlußsteine im Chorgewölbe


Die beiden Schlußsteine im gotischen Chorgewölbe zeigen die Wappen der Grafschaften Kleve und Mark. Es wird vermutet, dass mit der Darstellung dieser Wappen auf die Stifter des Umbaus des Chorraums um das Jahr 1400 hingewiesen werden soll.

17. Andeutung alter Fundamente im Boden


Die halbkreisförmig im Boden angedeuteten Fundamente in der Apsis des heutigen Chorraums verdeutlichen, wie der ursprüngliche Chorraum bzw. die hier ursprünglich vermutete Taufkapelle ausgesehen hat.

18. Chorgestühl


Das Chorgestühl zu beiden Seiten des Altares stammt ähnlich wie die vier Evangelistenfiguren noch aus der neugotischen Ausstattung der Kirche und ist glücklicherweise erhalten geblieben.

19. Altar


Der heutige Altar wurde im Rahmen der letzten Renovierung unter Pfr. Theo Boymann 1985 an dieser Stelle errichtet. Er ist etwas verkleinert in der Form angelehnt an den Vorgänger, der damals im hinteren Bereich des Chorraums auf zwei Stufen erhöht stand. Als Baumaterial diente der alte Altar, der 1942 wiederum aus seinem Vorgänger, einem neugotischen Altar, entstanden ist. Die gestalteten Steine des neugotischen Altars wurden seinerzeit einfach umgedreht, tatsächlich sehen wir also nur die Rückseiten der Steine. Da dieser Altar kleiner als sein Vorgänger ist, blieben bei der Erneuerung einige Steine über, die zur Anschauung mit der gestalteten Vorderseite unterhalb des Tabernakels bzw. in der Sakristei angebracht sind. Dabei wurde festgestellt, dass für den neugotischen Altar seinerzeit schon als Baumaterial alte Grabsteine vom umliegenden Friedhof genutzt wurden, die durch Einebnung der Gräber nutzlos geworden waren.

20. Ambo und Priestersitz


Der Ambo sowie der Priestersitz wurden ebenfalls kurz nach der letzten Renovierung Ende der 1980er Jahre angeschafft. Beide sind vom Design her an die Kirchenbänke angelehnt.

21. Sakristeiglocke


Diese Sakristeiglocke wurde zum Abschluß der Renovierung im Jahr 1985 durch Pfr. Theo Boymann angeschafft und durch Dominik Welbers von seinem ersten Lehrlingsgehalt gestiftet.

22. Marienikone


Dieses Bild der Muttergottes mit dem Jesuskind ist ein Werk des Kunstmalers Bernhard Krampe aus Münster, welches er 1944 in den Werkstätten von Heinrich Derix in Kevelaer angefertigt hat. Es enthält mehrere Elemente östlicher Marienikonen.

23. Kanzel


Die kostbar geschnitzte Kanzel an der Südwand kann genau datiert werden. Auf dem Treppengeländer ist der Kirchenpatron Willibrord dargestellt und darüber befindet sich ein Chronogramm mit der Inschrift:


DIVo WILLIbrorDo DICatVr


Wenn man nun die Großbuchstaben als römische Zahlen addiert (W = V+V!) ergibt sich das Jahr 1724. Der Künstler ist leider unbekannt.

24. Anna-Selbdritt


Diese aus der spätgotischen Epoche stammende Figur stammt nach Schätzungen verschiedener Sachverständiger aus der Werkstatt von Dries Holthuys und wurde um das Jahr 1495 geschaffen.

Es zeigt die Hl. Anna, die in einem Buch ließt. Ihre Tochter, die Gottesmutter Maria, sitzt auf ihrem Schoß.

Es ist davon auszugehen, dass bei der Entstehung der Figur zusätzlich noch Jesus als Kind an der unteren Seite der Figur dargestellt war und die ausgestreckte (und leider abgebrochene) Hand seiner Mutter Maria hielt. Diese Jesus-Figur wurde aber - aus welchem Grund auch immer - wahrscheinlich im 19. Jahrhundert entfernt. Spuren an Annas Knie und im Bereich des Sockels sowie Vergleiche mit ähnlichen drei-Generationen-Darstellungen aus der Entstehungszeit lassen diese Vermutung aber zu.

25. Orgel


Die heutige Orgel wurde 1987 in der Alten Kirche aufgestellt. Sie stammt aus einem Internat in der Nähe von Paderborn, für das sie 1969 von der Orgelbaufirma Kleuker aus Bielefeld gebaut wurde. Als beim Internat der Wunsch nach einem größeren Instrument aufkam, gelangte die Orgel nach einigen Veränderungen in die Alte Kirche.

26. Tauf- / Weihwasserbecken


Das ehemalige Taufbecken wird heute im Eingangsbereich der Kirche als Weihwasserbecken genutzt. Es ist eine Arbeit von Anton van Rooy aus dem Jahre 1956 und hatte ursprünglich noch einen Deckel. Bei gelegentlichen Taufen in der Alten Kirche erlangt es doch kurzfristig wieder seine eigentliche Bestimmung.

27. Kerzenleuchter


Von diesen Kerzenleuchtern gibt es insgesamt 8 Stück, die ringsum an den Wänden in der ganzen Kirche verteilt sind. Sie wurden 1986 unter Leitung von Egon Derichs und Josef Gretschel in der Metallwerkstatt des Berufskollegs Kleve geschaffen.

28. Kronleuchter


Der Kronleuchter in der Mitte der Kirche entstand ca. um das Jahr 1830 und war mit seinen insgesamt 16 Kerzen bei Nacht vermutlich lange Zeit die einzige Lichtquelle in der Kirche.

29. Kirchenbänke


Die Kirchenbänke aus Eiche stammen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Ob es vorher schon Bänke in der Kirche gab, ist nicht bekannt. Diese Bänke waren bis zur Renovierung 1981-85 auf einem Holzpodest fest verankert. Mit der Installation einer Fußbodenheizung wurden die Bänke dann beweglich aufgestellt. Auf einigen Bänken sind noch insgesamt 10 Namensschilder zu erkennen, die auf seinerzeit feste Sitzplätze bestimmter Leute hinweisen.

30. Lampen


Die Lampen im Kirchenschiff sind aus Kupfer getrieben und mit Emaille verziert. Sie sind ein Werk des Künstlers Waldemar Kuhn von 1956.

Neben allen oben gezeigten Kunstwerken gibt es noch weitere Kunstwerke, die nicht oder nur zeitweise bei einem Rundgang durch die Alte Kirche zu sehen sind:

31. Kreuz in der Sakristei


Dieses Kreuz wurde vom Kellener Bildhauer Josef Kopetzky erschaffen. Als Material diente ihm hierfür das Holz, das beim Abbruch der Orgelbühne 1955 übrig blieb.

Primizkelch von Pfarrer Wilhelm van Ooyen


Dieser Kelch wurde Pfarrer Wilhelm van Ooyen (1909-1992 und Pfarrer an St. Willibrord Kellen 1958-1981) zu seiner Priesterweihe am 22.12.1934 von seinen Eltern und Geschwistern geschenkt. Die Inschrift auf der Innenseite lautet: "Unserem Sohn u. Bruder zur hl. Priesterweihe Weihnachten 1934". Pfarrer van Ooyen hat verfügt, dass dieser Kelch nach seinem Tod in der Alten Kirche in Kellen weiter genutzt werden soll.

Strahlenmonstranz


Ein ganz besonderes Kunstwerk ist die Strahlenmonstranz aus dem Jahr 1726. Sie wurde von Rabanus Raab in Kalkar angefertigt. Dass diese Monstranz speziell für die Alte Kirche in Kellen angefertigt wurde, ist an einem Detail deutlich zu erkennen: auf der Vorderseite links ist Willibrord als Bischof mit Mitra und Bischofsstab dargestellt. In der Hand hält er ein Modell der Alten Kirche, das deutlich zu erkennen ist. Im oberen Teil ist Gottvater mit zwei Engelsfiguren zu erkennen, in der Mitte unten die Gottesmutter Maria mit dem Jesuskind auf dem Arm. Im rechten Teil ist eine Heilige mit einem Kind abgebildet. Auf dem Fuß der Monstranz befindet sich eingraviert das Lamm Gottes sowie die Attribute der Evangelisten.

Ein Chronogramm auf der Rückseite lässt wie bei der Kanzel die genaue Datierung zu:


In fIgVra panIs ChrIstI CorpVs VenIte aDoreMVs

Ziborium


Dieses Ziborium mit turmdachförmigem Deckel wurde von F.X. Hellner aus Kempen im Jahr 1875 angefertigt.

Krippe


Die Krippe wurde vom Künstler Wilhelm Schlüter aus Ochtruper Ton erstellt. Zu Weihnachten 1943 brachte der Künstler die noch nicht gebrannten Figuren nach Kellen um sie dort erstmals aufzustellen. Anfang 1944 wurden sie dann in Ochtrup gebrannt und zu Weihnachten in unterschiedlicher Form aufgestellt.

Am Ende des Rundgangs durch die "untere Etage" der Alten Kirche gelangen wir wieder in den Turm. Wir werfen noch eben einen Blick zurück und lassen den Raum aus verschiedenen Perspektiven nochmal kurz auf uns wirken. Bevor wir die Kirche allerdings verlassen, begeben wir uns noch in die "oberen Etagen", die nicht frei zugänglich sind.

32. Wendeltreppe


Als um 1400 herum der erste Turm an der Alten Kirche gebaut wurde, entstand auch diese Wendeltreppe um hinauf in den Turm gelangen zu können. Der erste Turm wurde nach ca. 200 Jahren baufällig und stürzte sogar ein, das Treppentürmchen blieb aber erhalten und wurde in den bald nach dem Einsturz beginnenden Wiederaufbau integriert.

Am Ende der Wendeltreppe im oberen Bereich gehen wir zuerst nach Links und gelangen so direkt über das Kirchenschiff. Deutlich zu sehen sind hier die massiven Holzbinder, die zur Unterstützung der eher maroden Holzbalken unterhalb der Decke in den 1980er Jahren hier installiert wurden, sowie der komplette Dachstuhl. Über Bretter und einen kleinen Durchbruch können wir so auch in den Raum oberhalb des Chorgewölbes gelangen. Auf dem Rückweg lohnt sich auch noch ein Blick aus der Dachluke heraus in Richtung Süden.

Zurück am oberen Ende der Wendeltreppe geht es jetzt weiter durch eine alte Holztür in den oberen Bereich des Turms. Vorbei an den drei Glocken gelangt man über diverse Holztreppen und -leitern noch vier Etagen höher bis in die Spitze des Trumhelms. Für Menschen mit Klaustrophobie sicherlich nicht zu empfehlen. Aus einer Dachluke im Turmhelm hat man aber einen schönen Blick Richtung Osten über das Kirchendach in Richtung Langeshof.

Die an diesem Glockenstuhl aufgehängten drei (fast) 600 Jahre alten Glocken sind das älteste zusammenhängende Geläut am Niederrhein. Sie hingen schon im ersten Turm der Kirche und haben somit den Einsturz um das Jahr 1600 überstanden. Den 2. Weltkrieg hätten zwei der drei Glocken jedoch fast nicht überstanden. Die Marienglocke sowie die Katerinenglocke wurden von den Nazis beschlagnahmt um sie "zum Wohle des Volkes" einzuschmelzen. Pfarrer Joseph Bullmann scheibt in seiner Chronik "Licht und Schatten" hierzu folgendes:

4. März 1942

Die Glocken, die schon durch Anordnung des Beauftragten für den Vierteljahresplan vom 15.03.40 beschlagnahmt wurden, werden vom 2. März bis zum 4. März 1942 ausgebaut und weggeschafft. Ein kurzes Abschiedswort von der Kanzel am 22. Februar! Eine vom Staatshochbauamt, Provinzialkonservator Bonn und vom Bürgermeister Marx, Kellen unterstützte Aktion zur Erhaltung der kunstgeschichtlich wertvollen alten Glocken, ist ergebnislos. ... Es verbleibt der Pfarrgemeinde als einzige Glocke "Sanctus Willibrordus" von 1438. Wir verzichten darauf, eine Elegie zu schreiben über den verklungenen, jahrhundertealten Glockenschlag.

25. Dezember 1943

... Am Tage vor Weihnacht holte der Fuhrunternehmer Gerd Heeck unsere 2 Glocken der alten Kirche wieder zurück. Sie wurden von der Metallhütte Kall in der Eifel im letzten Augenblick gerettet, dem Isaak gleich, über dessen Leben das Opfermesser schon gezückt.


Meinem Opa Gerd Heeck ist es somit zu verdanken, dass auch heute in Kellen der jahrhundertealte Glockenschlag immer noch nicht verklungen ist. Danke und vergelt's Gott Opa!


1963 mußte die Marienglocke erneut den Turm der Alten Kirche verlassen. Ein 30 cm langer Riß hatte sich gebildet und die Glocke musste durch das Glockenschweißwerk Lachenmeyer in Nördlingen repariert werden. Nach der Reparatur kehrte die Glocke an ihren angestammten Platz wieder zurück. Gleichzeitig wurde für alle drei Glocken eine elektrische Läuteanlage installiert.

Auf dem Rückweg bedürfen die drei Glocken und der Glockenstuhl aufgrund ihres Alters natürlich noch einer besonderen Beachtung.

Der Glockenstuhl wurde 1792 entweder errichtet (was zur Folge hätte, dass ein Vorgänger erneuert wurde, da die Glocken wesentlich älter sind) oder überarbeitet. Inschriften auf den Balken nennen die Namen der beteiligten Personen:


DE HER PASSTOOR  VAN ZUTFIN

R IANSEN  KUSTER

DE HEEREN SCHEPENS

H FINGERHOET  P VERHEIEN

KERCKMEISTER D JOS  H NÜY

A° 1792 DEN 20 MEY


H KOENEN ZIMMERMEISTER IN GRIETHUISEN

Katerina


Gußjahr: 1438

Gießer: Johannes de Hintem (vermutlich)


Durchmesser: 91,5 cm

Gewicht: 450 kg


Inschrift:

katerina vocor anno domini m cccc xxxviii


Schlagton: a' - 1/16 HT

Prime: a' - 10/16 HT

Terz: c'' + 2/16 HT

Quinte: e'' + 2/16 HT

Oberoktave: a' + 1/16 HT

Unteroktave: a° + 8/16 HT


Maria

 

Gußjahr: 1404

Gießer: unbekannt

 

Durchmesser: 105,5 cm

Gewicht: 775 kg

 

Inschrift:

maria is min naem dat si got bequaem sunthe vilboert int iaer ons heren m cccc iiii

 

Schlagton: f' + 12/16 HT

Prime: f' - 6/16 HT

Terz: a' +- 0/16 HT

Quinte: c'' + 12/16 HT

Oberoktave: f' + 12/16 HT

Unteroktave: f° + 11/16 HT

Willibrord

 

Gußjahr: 1438

Gießer: Johannes de Hintem

 

Durchmesser: 137,5 cm

Gewicht: 1525 kg

 

Inschrift:

sanctus clemens patronus ecclesie wisschelensis sanctus willibrordus vocor johannis de hintem me fecit anno domini m cccc xxxviii

 

Schlagton: es' +- 0/16 HT

Prime: es' -24/16 HT

Terz: ges' + 4/16 HT

Quinte: b' + 11/16 HT

Oberoktave: es'' +- 0/16 HT

Unteroktave: es° - 8/16 HT

Ostern 2020 mussten bedingt durch die Coronapandemie in ganz Deutschland und in vielen Teilen der Welt öffentliche Gottesdienste abgesagt werden. Ostern ohne die Feier der Osternacht - zwar unvorstellbar, aber 2020 leider Realität!

Zum äußeren Zeichen der Feier der Auferstehung Jesu wurden an diesem Ostersonntag alle kirchlichen und weltlichen Glocken in ganz Deutschland gemeinsam geläutet. Da durften natürlich die Glocken der Alten Kirche nicht fehlen!

Aufgrund der besonderen Situation haben wir wie sonst in Kellen normalerweise nur zu Fronleichnam üblich schon ab 9:15 Uhr nach guter alter Tradition die Glocken erst gebeiert um sie dann um 9:30 Uhr in den allgemeinen Osterjubel aller Glocken mit einzustimmen zu lassen. Ein unvergessliches Erlebnis!

Seit ewigen Zeiten ist es in Kellen gute Tradition, dass zu Fronleichnam die Glocken der Alten Kirche gebeiert werden. Beiern bezeichnet das manuelle Anschlagen der feststehenden Glocken mit Hilfe des Klöppels und steht somit im Gegensatz zum bekannten Läuten durch Schwingen der Glocke. Die Klöppel werden nach einer bestimmten Melodie über Seilzügen per Hand und Fuß gegen den Schlagring der jeweiligen Glocke gezogen.


Nach den mündlich überlieferten Statuten von St. Willibrord Kellen steht an Fronleichnam den Beiermännern sowie den Baldachinträgern für ihren Dienst eine Kanne Fusel zu - wobei die Größe der Kanne nicht festgelegt ist.

Nachdem der letzte Glockenschlag verklungen ist, gehen wir zurück Richtung Wendeltreppe und verlassen die Kirche um noch einen kurzen Rundgang um die Kirche zu machen.

33. Grabstein an der Nordseite des Turms


An der Nordseite des Turms ist ein alter Grabstein angebracht. Leider ist dieser zerbrochen und die Inschrift ist nicht mehr zu entziffern.

Er ist davon auszugehen, dass es sich um eine Deckplatte eines Grabes aus dem 11. Jahrhundert handelt. Die Unleserlichkeit der Inschrift könnte zum einen durch jahrelange Witterungseinflüsse erklärt werden, zum anderen aber vielleicht auch, dass diese Platte auf einem Grab gelegen hat über das viele Besucher gelaufen sind. Lediglich die Umrisse eines Bischofstabs und ein wellenförmiges Ornament sind noch zu erkennen.

Wurde vielleicht vor vielen hundert Jahren ein Bischof an oder sogar in der Alten Kirche beerdigt? Eine eindeutige Antwort auf diese Frage wird sich wohl leider nicht mehr finden lassen.

34. Rest der ehem. Eingangshalle an der Nordseite


An der Außenseite der Nordwand erkennen wir noch deutliche Hinweise auf einen Seiteneingang zur Kirche, der durch eine kleine Vorhalle führte. Dieser Seiteneingang ist auf der Zeichnung von Jan de Beyer vom 12. Juni 1745 deutlich zu erkennen. An dieser Stelle auf der Innenseite steht heute die barocke Willibrordfigur. Die Nische ist somit der zugemauerte ehemalige Eingang.

35. Grabsteine der Pfarrer Hubert Fasbender und Peter van de Locht


Diese zwei hier nachträglich aufgestellten Grabsteine bedürfen besonderer Beachtung. Es sind die Grabsteine der ehemaligen Pfarrer von St. Willibrord Kellen Pfr. Hubert Fasbender und Pfr. Peter van de Locht. Die Gräber der beiden Pfarrer liegen am Hauptweg des alten Friedhofs rechts auf der Ecke vor dem Ehrenmal für die Gefallenen des 1. Weltkriegs.

Hubert Fasbender (1858 - 1927) war Pfarrer in Kellen von 1903 bis 1925. In seiner Zeit als Pfarrer gab es Überlegungen aufgrund der rasant wachsenden Einwohnerzahlen in Kellen die Alte Kirche grundlegend zu verändern und wesentlich zu vergrößern. Vom damaligen und heutigen Aussehen der Alten Kirche wäre nicht mehr viel zu erkennen gewesen. Der Ausbruch des 1. Weltkriegs 1914 machte diese Pläne - aus heutiger Sicht glücklicherweise - zunichte.

Peter van de Locht (1876 - 1934) war Pfarrer in Kellen von 1925 bis 1934. Nachdem die Pläne zur Erweiterung und Vergrößerung der Alten Kirche nicht weiter verfolgt wurden, wurde in seiner Zeit als Pfarrer von Kellen die Pfarrkirche errichtet und 1930 eingeweiht.

Die weiteren Grabsteine, die heute an der Alten Kirche stehen, sind hier später aufgestellt worden. Die Gräber der auf diesen Steinen genannten Personen befinden sich ebenfalls auf dem alten Friedhof an der Willibrordstraße/Zur Alten Kirche. Nachdem die Gräber auf dem alten Friedhof eingeebnet wurden, konnten auf diese Weise einige Steine erhalten und somit die Erinnerung an den Friedhof an der Alten Kirche wachgehalten werden.

36. Grabstein von Hendrick Verfifei


Rund um die Alte Kirche war bis 1905 der Friedhof von Kellen. Ein sehr alter Grabstein steht heute in der Nähe der Sakristei. Es handelt sich um einen Basaltstein in Kreuzform mit folgender Inschrift:


AO 1618 DEN 2 MEI STERFT HENDRICK VERFIFEI BGVDS

  

Am 2. Mai 1618 starb Hendrick Verfifei. Betet für die Seele.


Wer genau Hendrick Verfifei war, ist nicht geklärt. Es wird davon ausgegangen, dass er mit richtigem Namen Hendrick von der Viehweide hieß und der Sprachgebrauch diesen Namen im Lauf der Zeit zu Verfifei vereinfacht hat. Ferner wird vermutet, dass er der Pächter des Viehweidenhofs, also des Hammschen Hofs  und Schöffe von Kellen war.

Ob das Grab von Hendrick Verfifei sich wirklich an der Stelle befindet, an der heute sein Grabstein steht, darf bezweifelt werden. Bis Anfang der 2000er Jahre stand dieser Grabstein wie hier zu sehen ziemlich mittig auf dem Platz südlich der Kirche.

37. Kreuz aus Römerziegeln


An der Außenseite der Südwand ist über einem ebenfalls zugemauerten ehemaligen Eingang aus alten Römerziegeln ein Kreuz eingemauert. An dieser Stelle auf der Innenseite befindet sich heute die Anna-Selbdritt-Figur. 

38. Grabstein von Pfarrer Haagdoorn


Dieser Grabstein ist in die Westwand der Kirche eingelassen und leider stark beschädigt, dadurch läßt sich die Inschrift nur teilweise entziffern:


ANNO 1761 22 IANUARII OBIIT

HENRICUS HAAGDOORN SACERDOS

PASTOR IN KELLEN

AETATIS AO 75 SAC 52 CURAE PAROCH 45 RIP


Am 22. Januar 1761 starb

Henricus Haagdorn, Priester

Pastor in Kellen

im Alter von 75 Jahren  52 Jahre Priester  45 Jahre Inhaber des Amtes Ruhe in Frieden


Henricus Haagdorn war von 1714 bis 1761 - also sogar 47 Jahre - Pfarrer an St. Willibrord Kellen. Die Angabe auf seinem Grabstein ist also nicht ganz korrekt. In seine Zeit als Pfarrer fallen z.B. die Anschaffungen der Kanzel (1724) oder der Strahlenmonstranz (1726).

Den Rundgang durch und um die Alte Kirche Kellen schließen wir ab mit einigen Fotos, die die Alte Kirche zeigen wie wohl jeder Kellener sie seit Kindertagen kennt:

Und hier noch als kleine Zugabe  einige Fotos, die die Alte Kirche im Vergleich von früher zu heute zeigen: